Aktuelle Lage:

Das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Ver­meidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (Sorgfaltspflichtengesetz)“ tritt am 01.01.2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden (über 600 Unternehmen in Deutschland) und am 01.01.2024 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden (2.900 Unternehmen) in Kraft.

Internationaler Kontext:

Auch in anderen Ländern gibt es ähnliche Gesetze:

  • der britische Modern Slavery Act von 2015
  • das französische Sorgfaltspflichtengesetz von 2017 („Loi de vigilance“) 
  • das 2019 beschlossene niederländische Gesetz gegen Kinderarbeit •die EU-Holz-Verordnung von 2013 
  • die EU-Konfliktminerale-Verordnung, die 2021 in Kraft getreten istHandel mit Zinn, Tantal und Wolfram, deren Erzen und Gold

Was kommt auf die Unternehmen zu?

  • Erweiterung der Compliance-Anforderungen
  • Regelmäßige Kontroll- und Dokumentationspflichten
  • Regelmäßige Berichtspflichten, öffentliche Exposition – Reputationsrisiko
  • Anpassung der Beschaffungsprozesse
  • vertragliche Anforderungen an Lieferverträge
  • Risiko von Bußgeldern
  • Indirekte Wirkung auf Unternehmen, für die das LkSG nicht anwendbar ist

Zentrale Begriffe:

Ausgangspunkt sind die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGP). 

  • Maßgeblich ist ein „menschenrechtliches und  umweltbezogenes  Risiko“, § 2 (2) und (4) LkSG, insb.
  • Unversehrtheit von Leben und Gesundheit;
  • Freiheit von Sklaverei und Zwangsarbeit;
  • Schutz von Kindern und Freiheit von Kinderarbeit;
  • Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen;
  • Schutz vor Folter;
  • Verbot der Missachtung der jeweils national geltenden Pflichten des Arbeitsschutzes;
  • usw.

Sorgfaltspflichten:

Gesetzesbegründung: „Die Sorgfaltspflichten begründen eine Bemühens- und keine Erfolgspflicht.“ 

Begründung LkSG: „Unternehmen müssen nicht garantieren, dass in ihren Lieferketten keine Menschenrechte oder umweltbezogene Pflichten verletzt werden. Sie müssen vielmehr nachweisen können, dass sie die in den §§ 4 bis 10 näher beschriebenen Sorgfaltspflichten umgesetzt haben, die vor dem Hintergrund ihres individuellen Kontextes machbar und angemessen sind.“

Das „Bemühen“ wird vom Gesetz sehr konkret ausgestaltet.

Was bedeutet das für die Geschäftsleitung?

  • sog. Grundsatzerklärung erstellen und regelmäßig aktualisieren
  • Ressourcen im Unternehmen bereitstellen, um die Pflichten kontinuierlich zu adressieren und umzusetzen („Lieferkettenbeauftragter“)
  • Zuständigkeiten im Unternehmen festlegen
  • sich regelmäßig Bericht erstatten lassen (mind. einmal p.a.)
  • Jährlichen Bericht verabschieden und veröffentlichen (auch in Internet)

Was bedeutet das für den Einkauf?

Der Einkauf hat – als Schnittstelle zwischen dem eigenen Geschäftsbereich und dem des Zulieferers – eine entscheidende Rolle. Die Festlegung von Lieferzeiten, von Einkaufspreisen oder die Dauer von Vertragsbeziehungen können einen maßgeblichen Einfluss darauf haben, ob ein menschenrechtliches Risiko bei einem Zulieferer vermieden oder mög­licherweise verstärkt wird. Deshalb ist die Entwicklung und Implementierung von Beschaf­fungsstrategien und Einkaufspraktiken im Einklang mit der Grundsatzerklärung und der da­rin enthaltenen Menschenrechtsstrategie von besonderer Bedeutung.

  • Verhaltensrichtlinie für die einzelnen Beschaffungsschritte (u.a. Produktentwicklungen, Auftragsplatzierungen, Einkauf, Produktionsvorlaufzeiten)
  • Zielkonflikte zwischen Einkauf und Minimierung eines menschenrechtlichen Risikos – zum Beispiel in Form von Lieferzeiten – identifizieren und adressieren
  • risikobasierte Kontrollmaßnahmen: überprüfen, ob die Menschenrechtstrategie in die alltäglichen Unternehmensabläufe integriert ist und die dort festgelegten menschrechts und umweltbezogenen Erwartungen tatsächlich umgesetzt werden
  • unmittelbare Zulieferer bei Vertrags­schluss verpflichten, die von der Geschäftsleitung des Unternehmens verlangten menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Vorgaben im eigenen Geschäftsbereich einzuhalten und entlang der Lieferkette zu adressieren
  • Auswahl der Zulieferer (auch) an menschrechtlichen und umweltbezogenen Risiken orientieren

Was bedeutet das für Zulieferer, die  selbst nicht dem LkSG unterfallen?

  • Bereitstellung sachgerechter Informationen für die Risikoanalyse durch die Abnehmer (die ihrerseits dem LkSG unterliegen);  dazu gehören: 
  • Informationen über den eigenen Geschäftsbetrieb;•Informationen über die eigenen Lieferanten;
  • Ggf. eine eigene Risikoanalyse, (nicht zwingend bei den Lieferanten des Lieferanten)
  • Meldung von Risiken an Abnehmer bei Bekanntwerden.
  • Sicherstellung der Einhaltung der vertraglichen Pflichten, einschl. der Grundsatzerklärungen der Kunden;
  • Nicht erforderlich: Grundsatzerklärung;

Bußgelder:

  • bei Verstößen drohen Bußgelder
  • bis zu 2 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes
  • bei natürlichen Personen mit einer Geldbuße von bis zu 800.000 Euro
Was kommt mit dem „Lieferkettengesetz“ auf die Unternehmen zu?
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