Nicht jede Software, nicht jedes Computerprogramm ist urheberrechtlich geschützt. Vielmehr muss – allgemeinen Grundsätzen des Urheberrechts folgend – eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht sein. Das Gesetz stellt bei Computerprogrammen gem. § 69 a Abs. 3 Satz 1 UrhG auf die so genannte individuelle geistige Leistung ab, die – so der Gesetzeswortlaut – das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers sein muss. Andere Kriterien, insbesondere qualitative (z.B. besonders gut) oder ästhetische Kriterien, dürfen bei der Prüfung der Schutzwürdigkeit des Computerprogramms nicht heran gezogen werden (§ 69 a Abs. 3 Satz 2 UrhG).
Was dies genau bedeutet, hat der BGH in seinem Urteil vom 3. März 2005 – Az. I ZR 111/02 – näher erläutert. Danach genießen Computerprogramme schon dann Urheberrechtsschutz, wenn sie nicht lediglich eine einfache, routinemäßige Programmierleistung darstellen, die jeder Programmierer auf dieselbe oder ähnliche Weise erbringen würde. Bei so genannten komplexen Computerprogrammen bestehe eine tatsächliche Vermutung für eine hinreichende Individualität der Programmgestaltung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und 69a Abs. 1 und 3 UrhG. Wer den Urheberrechtsschutz an solchen Programmen bestreiten wolle, müsse dartun, „daß das Programm, für das Schutz beansprucht wird, nur eine gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen Programmierers übernimmt“. Der entsprechende Wortlaut des Urteils des BGH wird nachfolgend zitiert:
„Das Berufungsgericht hat es mit Recht nicht in Zweifel gezogen, daß das in Rede stehende Computerprogramm nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 69a Abs. 1 und 3 UrhG als individuelle geistige Werkschöpfung der an ihrer Entwicklung und Erstellung beteiligten Personen Urheberrechtsschutz genießt. Dem unstreitigen Parteivorbringen ist zu entnehmen, daß es sich bei „Fash 2000″ um eine über längere Zeit entwickelte komplexe Software mit einem nicht unerheblichen Marktwert handelt. Auch wenn keine gesetzliche Vermutung für die Schutzfähigkeit von Computerprogrammen besteht, ist es nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht dieses unstreitige Vorbringen hat ausreichen lassen. Das Gesetz setzt für die Schutzfähigkeit eines Computerprogramms keine besondere schöpferische Gestaltungshöhe voraus, sondern stellt in erster Linie darauf ab, daß es sich um eine individuelle geistige Schöpfung des Programmierers handelt. Damit unterstellt es auch die kleine Münze des Programmschaffens dem urheberrechtlichen Schutz und läßt lediglich die einfache, routinemäßige Programmierleistung, die jeder Programmierer auf dieselbe oder ähnliche Weise erbringen würde, schutzlos (vgl. Begr. des Entwurfs eines 2. UrhÄndG, BT-Drucks. 12/4022, S. 9 f.; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 69a UrhG Rdn. 20 f.; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, § 69a Rdn. 26 ff.; Ullmann, CR 1992, 641, 643 f.; Erdmann/Bornkamm, GRUR 1991, 877, 879). Dies bedeutet, daß bei komplexen Computerprogrammen eine tatsächliche Vermutung für eine hinreichende Individualität der Programmgestaltung spricht. Es ist daher in derartigen Fällen Sache des Beklagten darzutun, daß das Programm, für das Schutz beansprucht wird, nur eine gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen Programmierers übernimmt.“
In der Praxis ist daher in der Regel dann ein Urheberrechtsschutz an einem Computerprogramm anzunehmen, wenn es eine gewisse Komplexität aufweist. Vorsicht ist allerdings dennoch geboten, insbesondere wenn sich der Programmierer entsprechend mächtiger Programmierwerkzeuge und -bibliotheken bedient. Liegt lediglich ein bloßes Kombinieren und Zusammenstellen von Funktionalitäten vor, die diese Tools bieten, kann es an der erforderlichen Individualität der Programmgestaltung fehlen, selbst wenn der Source-Code eine hohe Komplexität aufweisen mag. Denn diese Komplexität kann allein dem Programmschaffen eines anderen Programmierers, nämlich dem Programmier der entsprechenden Tools, geschuldet sein.